Reportage SVM 2017
90 Jahre Volvo: Fest der schwedischen Mobilität am 14. SVM in Altishofen, 26.-27.8.2017
Text und Fotos: Caspar Türler
Der älteste Volvo in der Schweiz, flankiert vom allerneuesten: LV64 von 1931 mit bolzengerader Windschutzscheibe und 86-jährigen, fahrbaren Originalpneus sowie der weisse XC60 von 2017: die beiden Maskottchen des 14. Swiss Volvo Meetings.
Spezielle Beziehung zu Volvo
Für das 14. Swiss Volvo Meeting (SVM) suchte das Organisationskomitee einen mit Volvo besonders verbundenen Ort. Schliesslich jährte sich 2017 die Jungfernfahrt des ersten Volvos aus Göteborg (im April 1927) zum neunzigsten Mal!
Mit der Traditionsfirma Galliker Transport AG sagte der Wunschpartner des OKs für die Jubiläumsveranstaltung zu. Denn Volvo in der Schweiz und Galliker Transporte verbinden tatsächlich eine langjährige Geschichte. 1918 als Fuhrhalterei mit einem Pferdegespann im Lutherntal gegründet, wuchs die Firma Galliker kontinuierlich. Bereits ab Mitte der 60er Jahre importierte Galliker auf den ersten eigenen Autotransportern Personenwagen und Lastwagen aus Schweden. Auch ein grosser Teil der aktuellen Galliker Fahrzeugflotte besteht aus Volvo-Nutzfahrzeugen.
Galliker Autotransporter mit dem neuen Volvo XC60
Heute importiert Galliker für mehrere Autohersteller Fahrzeuge in die Schweiz und ist in der Schweiz und Europa täglich mit rund 230 Autotransportern unterwegs. Jeder fabrikneue Volvo, der in die Schweiz kommt, wird von Galliker importiert und in Altishofen aufbereitet. So mancher Volvo-Youngtimer, der zum SVM fuhr, hat sich wohl daran erinnert, dass er nach dem Ablad bei Galliker hier zum ersten Mal echten Asphalt unter den Pneus gespürt hat.
Ungewöhnliches Festgelände
Autotreffen auf stillgelegten Flugpisten, auf der grünen Wiese, auf Parkplätzen – alles schon gehabt. Aber auf einem Werksgelände, wo sonst hunderte von Camions, Kunden- und Dienstfahrzeuge sowie über 1‘000 Menschen verkehren – das verlangte nach einer generalstabsmässigen Vorbereitung.
Der ebenerdige Teil des neuen Galliker Car Terminals wurde ausnahmsweise zum Ausstellungs- und Festgelände. Das Ungewöhnliche daran: die eine Hälfte des rund 4‘000 m2 grossen Platzes bildete der seitlich offene, durch die Autohalle gedeckte Unterstand, wo die speziellen, seltenen und historischen Fahrzeuge mitsamt den Ständen und der Restauration einen trockenen Platz fanden.
Die restlichen Fahrzeuge der Ausstellung 90 Jahre Volvo, Neuwagen und Lastwagen standen im Freien dafür umso prominenter da.
Das 14. Swiss Volvo Meeting fand im Car Logistics Center der Firma Galliker Transport statt.
Dazu kam der Teilnehmerparkplatz direkt vis-à-vis, der am Samstag und am Sonntag zusammen rund 600 Fahrzeuge aufnahm. Auch das Wetter spielte an beiden Tagen mit, brachte die Blech-Preziosen zur Geltung und zauberte ein Lächeln auf die Gesichter der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die aus halb Europa anreisten.
Fast komplette Volvo-Palette
Die SVM-Veranstalter unternahmen grosse Anstrengungen, um den Enthusiasten zum hohen Geburtstag ein in der Schweiz noch nie dagewesenes „Schwedenbuffet“ an automobilen Leckereien zu bieten. An den zwei Sonderausstellungen, ergänzt durch die Teilnehmerfahrzeuge auf dem Parkplatz, konnte man denn auch Volvos aus praktisch jedem Jahrgang zwischen 1931 und 2017 bewundern, darunter viele seltene und einmalige Exemplare.
Wie zum Beispiel der einzige Volvo mit Aston Martin Motor: ein von einem Schweizer Tuner rekonstruierter P1800 mit dem originalen und einzigen noch existierenden von drei Motoren, den die englische Sportwagenschmiede damals im Schweden-Racer testete.
Volvo P1800 – powered by Aston Martin, Feltham GB 1961. Der 2,5 Liter 4-Zylinder-Prototyp mit doppelter Nockenwelle wurde im Aston-Martin-Werk versuchsweise in einen P1800 eingebaut. Obwohl das Sportwagen-Projekt nie verwirklicht wurde, hat einer von drei Motoren überlebt.
Oder der einzige P1900 in der Schweiz, ein wunderschönes, hellblaues Cabriolet – statt der geplanten ersten Serie von 300 Stück wurden vom Glasfaser-Volvo nur 67 Exemplare gebaut. Und dabei blieb es. Denn Der Rahmen war nicht steif genug, die Plastikkarosserie nicht dicht und auch nicht sauber genug verarbeitet – der damalige Volvo-Geschäftsführer Gunnar Engellau stoppte das 1957er Projekt nach einem Test-Wochenende eigenhändig. Trotzdem existieren heute noch rund 50 dieser ungewöhnlichen Wagen mit der grössten „Klappe“ aller Volvo-Cabrios.
Volvo P1900 von 1957, das einzige Exemplar in der Schweiz, mit farblich passendem Modell. Links und rechts des „Schlundes“ sind die Scharniere der Motorhaube zu erkennen. Der nur 970 kg schwere Flitzer aus glasfaserverstärktem Kunststoff erreicht trotz bescheidenen 1414 Kubikzentimetern Zylinderinhalt eine Geschwindigkeit von 150 km/h.
Und das waren nur gerade mal die spektakulärsten Einzelstücke. Auch nicht alle Tage sieht man den 262C, den einst David Bowie besass, oder einen winterfesten, buchstäblich brandheissen Schweden-Kombi mit einem Kamin auf dem Dach … Kunststück, hat er doch statt eines Beifahrersitzes einen echten Holzschnitzelofen einbaut – wer das wohl zugelassen hat? Auch bemerkenswert: der zweifarbige Lastwagen mit der Werbung des Küchenbauers Kvänum aus der gleichnamigen Ortschaft, rund 60 km nordöstlich von Göteborg. Die Firma ist bis heute Hoflieferantin der schwedischen Krone, wohlgemerkt…
Seltener P833 von 1952. Kvänum: Küchen-Tradition.
Weiter ging’s zu zwei raren „Lapplander“ Allrad-Antrieb und All-Terrain-Fahrzeugen, davon eines als halboffenes Feuerwehrauto, zur alt-ehrwürdigen, aus Österreich angereisten Limousine PV654 von 1934 und zu den skurrilen Volvo-DAF Variomatic der 70er mit Kegelrad-Antrieb. Neben einer Stretch-Limo stand ein fast ebenso langer 264 TE, der einst der DDR-Regierung diente, und zwei Schritte weiter wurde Front eines 164er als Bar benutzt.
Auch der seltene Traktor zum Draufsitzen fand Gefallen bei Alt und Jung, genau wie die Publikumsmagnete Amazon, P1800, Buckel-Volvo und die Armada von kultig-kantigen Young- und Newtimern.
Dazwischen markierten die historischen Lastwagen und eine 4er Gruppe ganz in orange interessante Zwischentöne. Mit einem orangen Volvo-Rutschauto waren es sogar fünf Freunde in Apfelsinenfarbe.
A CarWork Orange: zwei Helfer in Leuchtwesten machten das Ensemble komplett.
Die Stars der Show waren aber zweifellos der älteste Volvo und der direkt daneben stehende, neueste: hier der gut erhaltene Lastwagen LV64 von 1931 mit bolzengerader Windschutzscheibe und Originalpneus, da der schnittige weisse XC60 von 2017. Im Vergleich zum Letzteren ein Wunderwerk der Technik, zugegeben, aber noch völlig grün hinter den Ohren. Ob die Digitaltechnik von heute auch sagenhafte 86 Jahre hält, wie beim grünen Methusalem? Das verraten wir an dieser Stelle im Jahr 2103!
Weltexklusives Modell
Wer sich neben dem Treffen auch für den Veranstaltungsort interessierte, konnte an einem einstündigen Rundgang durch das Firmengelände teilnehmen. Geführt von Mitgliedern der Besitzerfamilie machten sich dabei rund 500 Besucher ein Bild der Gastgeberfirma. Am beeindruckenden Hauptstandort Altishofen arbeiten rund 1300, in ganz Europa rund 2760 Personen für das Familienunternehmen. Nach dem Gang durch mehrere Hallen, in welchen Autos aufbereitet werden, war das absolute Highlight der Führung ein weltweit einmaliges Volvo-Modell: der von Lernenden und Mitarbeitenden 2005 für den Firmenchef gebaute Volvo FH12 Autotransporter im ungewöhnlichen Massstab 1:2.
Der Lastzug im typischen Galliker-Weinrot mit gelb-orangem „G“-Logo trägt 8 Volvo S60R, ebenfalls um 50 Prozent verkleinert. Und – er fährt sogar! Einige Kinder durften für ein Foto auf dem Führerstand Platz zu nehmen. Am Schluss versuchte es zum Spass auch ein 2-Meter-Mann und schaffte gerade noch, die langen Beine und den unter das Dach der Fahrerkabine gekrümmten Rücken wieder durch die Tür herauszubekommen…
Volvo FH12 von 2005 im Massstab 1:2. Ein absolutes Unikat, hergestellt von Galliker-Mitarbeitenden – und erst noch fahrbar!
Mit den 600 Teilnehmerfahrzeugen und ca. 100 Fahrzeugen in der Ausstellung, plus vielen LKWs und vorzubereitenden Importfahrzeugen waren am 14. SVM während zwei tollen Tagen annähernd 1000 Volvos vor Ort. Das OK möchte den Teilnehmern, Besuchern, Helfern sowie der Familie und Firma Galliker ganz herzlich danken, dass das 14. SVM und der 90. Geburtstag von Volvo allen in bester Erinnerung bleiben wird.
Eine Gruppe aus Luxemburg verewigte sich im Spiegelbild einer Amazon-Radkappe